von Paul Biens, aus Sagen und Bilder aus der Geschichte der Neumark, Seite 30 (Lippehne Nm., 1909)
Im Jahre 1555 brach eine große Mäuseplage über die Neumark herein. Wo man auch stand und ging, traf man die Mäuse haufenweise an. Sie wurden von den Leuten als Vorboten einer teuren Zeit angesehen. Und wirklich brach im folgenden Jahre eine große Teuerung herein. Der Scheffel Roggen kostete 32 Silbergroschen oder 60 Mark.
Während der Teuerung ereignete sich in einem Dorfe der nordwestlichen Neumark ein wunderbarer Vorfall. Obgleich die meisten Bauern und Edelleute eine sehr schlechte Ernte eingebracht hatten, konnten die Scheunen einer reichen Edelfrau die Fülle des Erntesegens nicht bergen. Zu ihr kommt eine arme Witwe, die sieben kleine Kinder zu versorgen hatte, um einen Scheffel Roggen zu kaufen. Sie hatte schon alle nur irgend entbehrliche Habe verkauft, um das Geld zusammen zu schaffen.
Als sie es aber der reichen Edelfrau aufzählt, fehlt doch ein Groschen. Die arme Frau bittet jene, ihr den fehlenden Groschen zu stunden. Aber die hartherzige Edelfrau weigert dies unter Schelten und Schmähen. Da geht die Witwe zu ihrem Nachbar, der ihr gegen Pfand einen Groschen leiht. Als sie ihn der Edelfrau bringt, entgleitet er ihren zitternden Händen. Hastig bückt sich jene, um ihn aufzuraffen. Da verwandelt sich der Groschen in eine Schlange. Die fährt zischend auf die Edelfrau und beißt sie in die Hand. Alsogleich trat eine starke Geschwulst ein, und in wenigen Stunden mußte die hartherzige Frau ihren Geist aufgeben.
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