Ursprung und Geschichte der Stadt Freiberg (1876) Heimatkunde Sachsen

aus „Kleine Chronik von Freiberg als Führer von Sachsens Berghauptstadt und Beitrag zur Heimathkunde.“ von Heinrich Gerlach, Stadtrath und Vorstand des Freiberger Alterthumsvereins. Freiberg, im Mai 1876. Seiten 1 bis 17.

12. Jahrhundert.

Die Stadt Freiberg in Sachsen verdankt ihren Ursprung dem Bergbau. Die Geschichte der Begründung führt uns in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts und in die damals noch mit Urwald bedeckte, von Bären und Wölfen heimgesuchte gebirgige Provinz Daleminze des Markgrafenthums Meißen, welche sich von der Elbe bis an den Chemnitzfluß erstreckte und nur in einzelnen Thälern von dem slawischen Stamm der heidnischen Sorben-Wenden bewohnt wurde, die schon vor Jahrhunderten von den Deutschen unterjocht worden waren. Auch in dem zur Mulde hin abführenden Waldthale der Lusiz oder Lozniz, später Münzbach genannt, befand sich zu jener Zeit eine solche slawische Niederlassung: das Dorf Lozniz. Mitten in demselben siedelten sich Deutsche, Christen, an, und hiernach bildete sich da, wo jetzt Freiberg liegt, von Ober- und Unterloßnitz eingeschlossen, der Ort Christiansdorf. Einer Sage nach sollen hier Silbererze zuerst von Fuhrleuten aus der Bergstadt Goslar im Harz, die Salz von Halle nach Böhmen fuhren, im Fahrgleise entdeckt worden sein, infolge dessen sich der Bergbau bald entwickelt habe; jedenfalls aber war es die Errichtung des jetzt noch in Ruinen erhaltenen Cistercienser-Klosters Marien-Zelle oder Altzelle bei Nossen an der Mulde, welche eine größere Lichtung und Belebung des Loßnitzthales herbeiführte. Möglich auch, daß von den Slawen hier schon früher Bergbau getrieben wurde, wie man aus verschiedenen, jetzt noch gebräuchlichen bergmännischen Ausdrücken schließen kann, welche unverkennbar slawischen Ursprungs sind.

Die kaiserliche Bestätigung des genannten, vom Markgrafen Otto von Meißen zu einem Erbbegräbnis, für sich und seine Nachkommen gestifteten Klosters erfolgte durch den Kaiser Friedrich Barbarossa im Jahre 1162. Das weit ausgedehnte Klostergebiet umfasste 800 Hufen Landes, wozu auch das Loßnitzthal gehörte. 1175 wurde die erste Kapelle dieses Klosters geweiht; aber noch lange Zeit, ehe dessen umfangreicher Bau 1198 mit der Weihe der Hauptkirche vollendet worden war, schied der Markgraf (nach einer Zelle’schen Urkunde von dem Jahre 1185) gegen Entschädigung nun dem Klostergebiet 118 Hufen Landes mit den Dörfern „Tuttendorf, Christiansdorf und Bertoldisdorf“ und ihren Waldungen wieder aus, weil daselbst Silberbergbau rege geworden war. Durch Hunderte von tüchtigen Bergleuten, welche von Goslar und anderen Orten Niedersachsens herbeikamen, wurde der Bergbau in ausgedehnteren Angriff genommen. Die erste Ansiedelung dieser Einwanderer geschah in Christiansdorf, am Abhang des rechten Bachufers, in dessen unmittelbarer Nähe sich die alte Hauptstraße hinzog und sicherlich auch der erste Silberfund gemacht wurde. So bildete sich die heutige Sachsen- oder „Sächsstadt,“ der älteste Theil Freibergs.



Markgraf Otto, infolge der gewonnenen unterirdischen Schätze „der Reiche“ genannt, erbaute 1171 bis 1175 zum Schutz des jungen Bergbaues eine Burg, der „Freistein“ benannt. Auch der Bau der Stadt nahm nach Möller’s Chronik bereits 1171 seinen Anfang, woraus 1175 am Tage Jacobi (wahrscheinlich zur Weihe der eben vollendeten Burg) vom Markgrafen und anderen Fürsten und Herren das Begründungsfest in feierlicher Weise begangen und der Gottesdienst in der Kirche Sct. Jacobi abgehalten worden sein soll. Die mit allerhand Freiheiten (freiem Holz zum Häuserbau und Verschmelzen der Erze) beliehene, schnell emporwachsende neue Stadt „auf dem freien Berge“ erhielt den Namen Vriberc, „Freiberg.“ Eine weitere Befestigung derselben durch Ringmauern wurde noch von dem Markgrafen Otto, welcher 1190 starb, begonnen, nachdem Freiberg 1186 durch einen kriegerischen Ueberfall von Böhmen her große Verheerungen erlitten hatte. In ihr Wappen nahm die Stadt: drei Thürme mit Ringmauer und offenem Thor, darin den markgräflichen meißner kampfbereiten schwarzen Löwen in goldenem Schilde. Hiernach gelten Schwarz und Gelb als die Stadtfarben.

Freibergs ergiebiger Silberbergbau brachte das Markgrafenthum Meißen zu hohem Ansehen, und der Ruf der neuen Bergstadt lockte viele Fremde herbei, die sich hier heimisch niederließen.

Wiederholt kam die Silberreiche in unmittelbar kaiserlichen Besitz, 1198 eroberte Markgraf Dietrich mit Hilfe seiner ihm treu gebliebenen Freiberger die von den Kaiserlichen eingenommene Stadt zurück.

13. Jahrhundert.

Die erste Blüthezeit Freibergs entwickelte sich unter der friedlichen Regierung Markgraf Heinrich des Erlauchten. Prachtvolle Kirchen wurden erbaut. 1225 übereignete derselbe sämmtliche städtische Parochien, und zwar „der heiligen Maria, des heiligen Petrus, Jacobus, Nicolaus und Donatus,“ sowie „das Hospital der Armen,“ dem Kloster Marien-Zelle, welches in Freiberg später auch zwei, von den Leistungen der übrigen Einwohner „freie Höfe“ erhielt. Vom Jahre 1227 an blühte das genannte, der Stadt segensreich gewordene milde Hospital Sct. Johannis durch bedeutende Schenkungen kräftig empor. Drei Klöster wurden errichtet, ein Dominicaner-, ein Franciscaner- und ein Jungfrauen-Kloster der heiligen Maria Magdalena von der Buße; auch veranstaltete man große Wallfahrten in die Marienkirche zu einer in Lebensgröße schön aus Wachs gebildeten „wunderthätigen Maria“. Der reiche und stattliche Bau des erstgenannten oder „Oberklosters“ der Predigermönche dauerte von 1236 bis 1299 und umfaßte den ganzen Stadttheil zwischen der unteren Burg- und Nonnengasse; das „Niederkloster“ der Bettelmönche wurde zwischen dem unteren Freihof und dem Meißner Thor, das „Nonnenkloster“ in der Sächsstadt an der Jacobikirche errichtet.

Der Markgraf Heinrich gründete um’s Jahr 1250 in Freiberg auch eine Münzstätte (1556 nach Dresden verlegt), und 1255 den (1856 aufgehobenen) Freiberger „Bergschöppenstuhl“ mit der Befugniß, Recht zu sprechen in allen Bergsachen; überhaupt erneuerte und bestätigte er 1255 alle Privilegien der Stadt, wonach insbesondere deren „geschworenen Bürgern“ ein eigenes, höchstes Gericht zustand, gegen welches von keiner Seite Einspruch erhoben werden konnte. (Das noch vorhandene, bis in das 14. Jahrhundert zurückreichende Freiberger „Verzellbuch“ oder „Schwarze Register“ führt zahlreiche Verbannungsurtheile auf.) 1263 ordnete der Markgraf einen 14tägigen Jahrmarkt an, entschied auch 1266 in einem Streit mit dem Städtchen Dippoldiswalde, daß das ganze fündige (bergbautreibende) Gebirge das Bier nur allein in Freiberg zu entnehmen habe.

Freiberger Hausthüre aus dem 16. Jahrhundert.

Die folgenden Markgrafen erneuerten die Zollfreiheiten der Stadt, wonach alle ab- und eingehenden Waaren ihrer Bürger durch das ganze Land von jeder Abgabe frei waren und nirgends angehalten werden durften. Auch mußte alles Salz nach Böhmen über Freiberg geführt und hier Hauptniederlage und Vermessung gehalten werden.

Die Bürger der freien Stadt, welche das Recht hatten Waffen zu tragen, wählten die Obrigkeit selbstständig aus ihrer Mitte und schufen sich ein eigenes, auf Oeffentlichkeit und Mündlichkeit gegründetes „Stadtrecht.“ (Eine schöne Pergament-Handschrift desselben von dem Jahre 1294 ist in dem Rathsarchiv vorhanden)

Zahlreich sind die Beispiele der Treue der Freiberger Bürger zu ihrem angestammten Fürstenhaus. So war es ein Freiberger Rathsherr, Hanneman Lotske, welcher 1295 zu Altenburg für seinen verräterisch mit Mord bedrohten Landesherrn Friedrich das eigene Leben opferte.

1297 nahm der Deutsche König Adolf von Nassau die Stadt, nachdem er sie 1 Jahr und 4 Monate lang belagert und ihr vergeblich vollkommene Reichsfreiheit versprochen hatte, der Sage nach durch Verrath ein, indem er unter dem oberen Münzbachthurm eindrang.

14. Jahrhundert.

Nach der Besiegung König Adolf’s durch dessen Nachfolger auf dem Deutschen Kaiserthrone, Herzog Albrecht von Oesterreich, gelangte die Mark Meißen und mit ihr Freiberg 1304 vollständig in Albrecht’s Besitz; blutige Parteiunruhen erregten die Stadt. Da nahm endlich Markgraf Friedrich der Freudige — unterstützt von seinen treuen Freibergern (Haberberger) mit der reichen Ausbeute ihrer Gruben — nachdem er die Kaiserlichen bei Lucka geschlagen, 1307 Freiberg mit Sturm wieder ein. Die Kämpfe um die Stadt dauerten jedoch fort.

1376 gelangte Freiberg und sein Bergbau in den gemeinschaftlichen Besitz von 3 Fürstenbrüdern, deren jährliches Einkommen vom Bergzehnten die Höhe von je 100000 Schock böhm. Groschen erreichte, da sich auch zwischen Berthelsdorf und Erbisdorf ergiebiger Silberbergbau aufgethan hatte.

Zu den alten Adels- und Patricier-Geschlechtern, die während dieser und der nächstfolgenden Jahrhunderte in Freiberg durch den Bergbau ansehnlichen Reichthum erlangten, gehören unter and. die Namen: Alnpeck, Becherer, Berbisdorf, Freiberger, Haberberger, Hartitzsch, Hilliger, Honsberg, Horn, Kölbel, Kroe, Kuncke, Lingke, Lobetanz, Mannewitz, Mergenthal, Monhaupt, Münzer, Prager, Rülke, Schönberg, Schönlebe, Schrenck, am Steige, Theler, Trainer, Weickart, Weller von Molsdorf, Ziegler.

Gegen Ende des Jahrhunderts kamen die Freiberger Gruben eine Zeit lang in Verfall, und auch von ihren früheren 52 Schmelzhütten waren nur noch 2 gangbar.

1375 verheerte ein großer Brand fast die ganze Stadt; von einen, zweiten Stadtbrande im Jahre 1386 wurden auch alle Kirchen mit betroffen.

15. Jahrhundert.

In dem Jahre I411 wurden die Juden, die sich in der Vorstadt schon frühzeitig zum Einhandeln des Silbers niedergelassen hatten, wegen des von ihnen getriebenen großen Wuchers gefänglich eingezogen und endlich aus dem Lande verwiesen.

Unter dem Meißner Markgrafen Friedrich dem Streitbaren, welchen der Kaiser für bewiesene Tapferkeit 1423 mit der Kurwürde und dem Herzogthum Sachsen belehnte, war Freiberg ein Hauptwaffenplatz gegen die Hussiten; durch seine edelsten Söhne nahm es Theil an der Heerfahrt, aber auch an der unglücklichen Schlacht bei Außig im Jahre 1426. Gleichwohl wurde bei dem hierauf von den Hussiten in das meißner Land unternommenen Rachezug die Stadt Freiberg gemieden, weil die Tapferkeit ihrer Bürger bekannt und eine baldige Eroberung dieser „alten Freien“ mit ihren hohen Ringmauern, festen Thürmen und tiefen Grüben nicht zu erwarten war; die ganze Umgegend aber und das Bergwerk wurden verwüstet, und eine große Theuerung folgte.

Bei den vielen Landestheilungen der Wettiner blieb Freiberg mit seinen Bergwerken, als das schönste Kleinod, stets Gemeingut. Selbst in dem höchst leidenschaftlich geführten Bruderkriege zwischen dem Kurfürsten Friedrich und Herzog Wilhelm wußte die Stadt 1446 ihre beiden Brüdern gemeinschaftlich geschworene Treue zu behaupten. Als Ersterer an der Spitze seiner Truppen alleinige Anerkennung forderte, erklärte der ehrenfeste greise Bürgermeister Weller von Molsdorf, welcher nebst den übrigen Rathsherren mit Sterbekleidern vom Rathhaus herabkam, dem drohenden Kurfürsten feierlich auf offenem Markte: „sich lieber seinen alten grauen Kopf abhauen lassen zu wollen, als dem Fürsten, dem er gehuldigt, untreu zu werden,“ worauf Friedrich bewegt erwiderte: „Nicht Kopf weg, Alter, nicht Kopf weg! Wir bedürfen solcher ehrlichen Leute ferner, die Eid und Pflicht also beherzigen.“ Auch dem Herzog Wilhelm wurde der alleinige Besitz der Stadt in der entschiedensten Weise verweigert; er belagerte sie 1449 vergeblich.

Am 14. Juli 1455 ward der Ritter Kunz von Kaufungen, welcher in der Nacht vom 7. zum 8. Juli aus dem Schloß zu Altenburg Kurfürst Friedrich’s Söhne, die jungen Prinzen Ernst und Albert, geraubt hatte, auf dem Marktplatze zu Freiberg enthauptet.

1463 zog die Pest oder „der schwarze Tod,“ jene ansteckende und verheerende Beulenkrankheit früherer Jahrhunderte, welche gewöhnlich binnen drei Tagen oder plötzlich den Tod brachte, in den seltensten Fällen aber Heilung fand, auch in Freiberg ein; sie kehrte 1471 wieder.

Ebenfalls 1471 war der dritte Stadtbrand, bei dem auch das Ober- und Niederkloster eingeäschert wurden und nur die alte Marienkirche, die Meißner Gasse und die halbe Sächsstadt unverfehlt blieben.

Herzog Albrecht der Beherzte, welcher 1476 mit glänzendem Gefolge (darunter aus Freiberg: Hans Münzer und Kaspar v. Mergenthal) eine Pilgerfahrt nach Jerusalem glücklich ausgeführt hatte, gründete 1480 unter Mitverwendung der reichlich angesammelten Altarstiftungen bei der Marien- oder Liebfrauenkirche und anderweiter Schenkungen ein Domcapitel zu 8, später 12 Domherren, und Papst Sirtus IV. weihte diese Kirche durch den meißner Bischof Johann von Weißenbach zum Dom. Tägliche feierliche Messen sowie Processionen wurden angeordnet.

1484 war der letzte große Brand, welcher am 19. Juni in drei Nachmittagsstunden fast die ganze Stadt mit Einschluß des Doms in Asche legte; nur die Meißner Gasse und ein Theil der Sächsstadt nebst Kirche und Kloster gingen auch aus diesem Brande unversehrt hervor. Von nun an mußten in der inneren Stadt alle neuen Häuser mit steinernen Giebeln versehen und zur Deckung hoher Dächer statt der Schindeln Ziegeln verwendet werden.

1485 kam Freiberg durch die Theilung der meißnisch – thüringischen Lande zwischen Ernst und Albrecht in den alleinigen Besitz der albertinischen Linie, jedoch noch mit Ausschluß des Bergbaues, welcher bis zur Wittenberger Capitulation 1547 in gemeinschaftlichem Besitz verblieb.

1491 erwirkte das Domcapitel bei dem Papst zum Wiederaufbau des Doms die Vergünstigung, Ablaß- oder „Butterbriefe“ zu verkaufen, welche zum Genuß von Butter, Käse und Milchspeisen während der Fastenzeit berechtigten. Dies rief heftigen Streit mit den Mönchen im Oberkloster hervor, welche diese Berechtigung des Domcapitels nicht anerkennen wollten.

16. Jahrhundert.

Noch zu Anfange dieses Jahrhunderts der Kirchen-Reformation wurden von der katholischen Priesterschaft Freibergs zur Pfingstzeit große geistliche Schauspiele auf dem Markte veranstaltet, welche drei Tage lang währten und an dem ersten Adam und Eva mit dem Sündenfall, dann die Erscheinung Jesu von der Verkündigung an bis zur Himmelfahrt und endlich am dritten Tage das jüngste Gericht mit Himmel, Hölle und Teufel darstellten. 1516 wohnte auch Herzog Georg von Dresden mit Gemahlin und dem ganzen Hofstaat diesen Pfingstspielen bei.

Schon 1517 wurde der Ablaßkrämer Tetzel, welcher 1507 in Freiberg einen einträglichen Handel getrieben hatte, bei seiner Wiederkehr von den Bergleuten mit Schimpf vertrieben, nachdem Luther’s 95 Streitsätze vom 31. Oct. bald auch hier bekannt geworden waren.

Wohl die schönste und hervorragendste Periode in Freibergs Geschichte bilden die Jahre 1505 bis 1539, wo Herzog Heinrich der Fromme, Sohn Albrecht des Beherzten, geboren 1473, in unserer Stadt, der „alten treuen, frommen und freien,“ residirte. Nachdem er nämlich nicht vermocht hatte, die ihm zugetheilt gewesenen aufständischen Frieslande zu behaupten, erhielt er durch Vertrag mit seinem Bruder Herzog Georg in Dresden, welcher die sächsischen Erblande regierte, als Entschädigung das die Schlösser, Städte und Aemter Freiberg und Wolkenstein umfassende Ländchen, nebst dem vierten Theile der Landeseinkünfte. Herzog Heinrich zeigte sich in seinem kleinen Fürstenthume überall leutselig und war den Bürgern und Bergleuten von Herzen zugethan; er ward dafür auch wiedergeliebt und erhielt den Beinamen „der Fromme,“ da er hier in Freiberg die Reformation im albertinischen Sachsen zuerst einführte, während der streng päpstliche Georg mit großer Härte gegen die neue Lehre ankämpfte. Auf des Letzteren Drohen entgegnete Heinrich als treuer Anhänger Luther’s: „Ehe denn ich das Evangelium fahren lasse und meinen Christum verleugne, wollte ich mit meiner Käthe lieber an einem Stäblein bettelnd aus dem Lande gehen.“ Er war, wie sein Geheimschreiber Freydiger berichtet, „ein getreuer, frommer Fürst, ohne Betrug, ohne Falsch; was er zusagte, das mußte gehalten werden, oft zu seinem Schaden.“ Auch an Hoffesten und Gelagen fehlte es nicht auf dem „Freudenstein;“ Heinrich sang gern, und bei Jagden ging es fröhlich her. Oft durchschritt er in schlichter Kleidung, gefolgt von einem Mohren und einem großen englischen Hunde, die Straßen der Stadt und besuchte Künstler und Handwerker in ihren Werkstätten. Er beteiligte sich lebhaft bei dem Bergbau und gründete auch auf Veranlassung neuer Silberfunde im Obergebirge die Stadt Marienberg.



Freiberg huldigte dem Herzog Heinrich 1505. Seine Vermählung mit Katharina, einer mecklenb. Prinzessin lebhaften und unternehmenden Geistes, erfolgte 1512 feierlich auf dem Rathhause. Er führte ein glückliches Familienleben und liebte die Seinen zärtlich; vieles Sorgen und Plänemachen war aber seine Sache nicht, das überließ er gern seiner Gemahlin. Von den auf dem Schlosse Freudenstein geborenen 3 Töchtern und 3 Söhnen erhielten auch die beiden großen Kurfürstenbrüder Moritz (geb. den 21. März 1521) und August (geboren den 31. Juli 1526) hier ihre erste Erziehung.

1515 wurde das Gymnasium begründet.

1521 kehrte in Freiberg die Pest wieder ein, welche in noch nicht fünf Monaten über 2000 Personen dahinraffte. Herzog Heinrich erließ daher eine besondere „Pestordnung“ und befahl, statt der Begräbnißstatten in der Stadt fortan den Donatskirchhof vor der Stadt als allgemeinen Friedhof zu verwenden.

Freiberg stellte sich bald entschieden auf die Seite der Reformation und war in freundschaftlichem Verkehr mit Luther und Melanchthon in Wittenberg. Noch in dem Jahre 1523 mußten drei Hoffräulein wegen des Lesens lutherischer Schriften Heinrichs Hof verlassen, worauf sie von Luther in einem besonderen Schreiben getröstet wurden. 1528 entfloh Ursula (eine geborene Herzogin zu Münsterberg) mit noch zwei anderen Nonnen aus dem Jungfrauenkloster; auch aus den Mönchsklöstern wendeten sich Einzelne, namentlich Georg Schumann aus dem Oberkloster, welcher am Hofe predigte, der neuen, evangelischen Lehre zu. Als Reformations-Wahlspruch galt der, damals auch an der Schloßkapelle in goldenen Buchstaben prangende Spruch: „Gottes Wort bleibet ewig.“ Diese Worte, bisweilen auch die latein. Anfangsbuchstaben: V. D. M. I. AE. (verbum domini manet in aeternum) wurden über den Thüren vieler Bürgerhäuser angebracht.

Luther’s Lehre ward in Freiberg bald mehr und mehr öffentlich gepredigt und auch das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt genossen. 1531 ließ der Herzog Heinrich Alle befreien, welche noch wegen Fleischessens an Fasttagen gefangen saßen. 1533 begann der vormalige katholische Hospitalpfarrer Valentin Belzing, öffentlich in der Nicolaikirche das Evangelium aus Luther’s Kirchenpostille von Wort zu Wort vorzulesen und darnach frei zu predigen. 1536 trat Herzog Heinrich endlich dem Schmalkaldischen Bunde bei und ließ alsbald den 29. Sept. der jubelnden Stadt volle Gewissensfreiheit und Gestaltung des evangelischen Cultus nach Maßgabe der Augsburgischen Consession verkündigen.

Die allgemeine Einführung der Reformation in Freiberg, um welche sich besonders der hierher berufene Freund und Tischgenosse Luther’s, der gelehrte Hieronymus Weller (von Molsdorf), verdient machte, ersolgte 1537 mit Aufhebung der Klöster.

Freibergs Reformator war der jugendlich eifrige Dr. Jacob Schenk aus Würtemberg, welcher 1536 mit Luther’s Zustimmung von Wittenberg hierher kam und alsbald zum Hofprediger ernannt wurde. 1538 folgte wegen einseitigen Vorgehens desselben eine Kirchen-Visitation durch den Professor Justus Jonas aus Wittenberg, den kurfürstl. Hofprediger Georg Spalatin und den Superintendent Leonhard Beyer aus Zwickau, wobei zugleich alle Zinsen und Güter des Domcapitels und der Mönchsklöster als „geistlicher gemeiner Kasten“ dem Rathe zu fernerer Verwaltung für Kirchenzwecke übergeben wurden.

1539 starb Herzog Georg der Bärtige, worauf der nun zur Regierung über das Herzogthum Sachsen gelangte Bruder Heinrich seine Residenz nach Dresden verlegte und die Reformation im ganzen Lande durchführte. Somit wurde auch das obengenannte, mit Freibergs frühester Geschichte engverbundene denkwürdige Kloster Altzelle 1540 ausgehoben.

Heinrich der Fromme starb in Dresden den 18. August 1541. Noch in seinem letzten Willen hatte er erklärt: „er habe die Freiberger in aller Treue und Gehorsam gegen Gott und ihn befunden, darum wolle er auch bei ihnen ruhen und schlafen.“ Es wurde hiernach mit ihm die sächsische Fürstengruft im Freiberger Dom eröffnet und erst 1694 mit dem letzten der protestantischen Landesherren Johann Georg IV. wieder geschlossen. So war Freiberg auch der Schauplatz vieler großartiger fürstlicher Begräbnisse. Die Herzogin Katharina, welche die Reformation von Anfang an hauptsächlich begünstigt hatte und sich bis zu ihrem Ende einen eigenen Hofprediger hielt, wählte zum Wittwensitz ihr heimisches Freiberg, wo sie Anfangs im Schloß und später in einem ermietheten Haus und Hof am Markte wohnte. Sie starb zu Torgau den 6. Juni 1561 und wurde gleichfalls in Freiberg bestattet.

Die eben beschriebene schöne Zeit Freibergs wird von Joh. Bocer in einem lateinischen Lobgedicht (Leipzig 1553) besungen.

Der Bergbau blühte und es herrschte deßhalb großer Luxus, welchem der Rath durch Kleider- wie andere Ordnungen Einhalt zu thun für nöthig fand. So kam damals das Sprüchwort auf: „Wenn Leipzig mein wäre, wollte ich es in Freiberg verzehren.“ Insbesondere hatte auch das Freiberger Bier, das bis nach Ungarn ausgeführt wurde, einen sehr bedeutenden Ruf.

Der kriegerische Herzog Moritz, welcher später (1548) in Augsburg vom Kaiser feierlich mit der sächs. Kurwürde belehnt wurde und 1553 in der Schlacht bei Sievershausen fiel, ließ 1547 das gesammte Geschütz nebst Munition von den Mauerthürmen der Stadt nach Dresden abführen. In demselben Jahre hatten zuvor große Unruhen in Freiberg stattgefunden, nachdem Moritz hier mit vielem böhmischen Kriegsvolke eingezogen war, das mit den deutschen Truppen in Zwietracht gerieth und bei den Bürgern sogar zu plündern begann.

Im Juli 1549 weilte Kurfürst Moritz acht Tage hier mit dem König Ferdinand von Böhmen nebst dessen Prinzen, mit Kurfürst Joachim von Brandenburg und dem Bischof von Gran; auf dem Untermarkte wurden öffentliche Turniere abgehalten.

Im Dec. 1557 hatte die Stadt wieder den Kurfürsten August zu Gast, der von der Kurfürstin Anna und 2 Prinzessinnen, sowie von der verwittweten Herzogin Katharina, dem König von Dänemark und den Herzögen von Holstein begleitet war. Zu Ehren derselben wurde ein großer Bergaufzug und bei der Festtafel aus dem Rathhaus von den Frauen und Töchtern der vornehmsten Rathsherren auch eine kleine Maskerade aufgeführt.

1572 begann August den Neubau des Schlosses Freudenstein

Das alte Freiberger Stadtrecht von 1294 (vom Oberstadtschreiber Klotzsch in Schott’s Sammlung von deutschen Stadtrechten 1775 veröffentlicht) mußte nach allmählichen Beschränkungen endlich zufolge der Constitutionen Kurf. August’s 1572 in den wesentlichsten Stücken den Landesgesetzen weichen; das besondere Freiberger Erbrecht aber blieb bis Anfang des 19. Jahrhunderts giltig. Im Jahre 1588 wurde der kunstvolle Bau der Kurfürstl. Begräbnißkapelle am Dom begonnen.

17. Jahrhundert.

Die Wirren des 30jährigen Kriegs brachten auch unserem Freiberg schwere Drangsale, Belagerungen, Brand und Verwüstung, Theuerung so wie ansteckende Krankheiten wechselten ab; auch der Bergbau kam zum Erliegen.

Schon 1607 nahte wieder die gefürchtete Pestilenz; es communicirten deßhalb, wie Möller berichtet, am 16. Aug. und folgenden Sonntag 3905 Personen.

Noch im Jahre 1629 besuchte Kurfürst Johann Georg mit der jungen Herrschaft die Stadt, welche ein großes Hirschfest veranstaltete, das 12 Tage währte.

Im genannten Kriege wurde Freiberg 1632 zunächst von den Kaiserlichen unter Gallas eingenommen. Zu den von diesen hier aufgeführten Greueln, Plünderungen und Verwüstungen kam zum größten Unglück auf’s Neue auch die Pest, und etliche Tausend Menschen wurden von ihr dahingerafft.

Nachdem der Kurfürst 1635 mit dem Kaiser Frieden geschlossen hatte, traten die Schweden als erbitterte Feinde in Sachsen auf und kamen auch Freiberg näher. Von allen Seiten flüchtete sich die Bevölkerung massenweise in die feste Stadt. Da erschien vor ihr am 2. März 1639 der schwedische General Baner. Sofort begann er die Belagerung und verwüstete die Vorstädte. Durch andauerndes Schießen wurde am 18. März die Stadtmauer zwischen dem Schloß und dem Meißner Thor in Bresche gelegt, aber heldenmüthig wurden die Anstürmenden durch die tapfere Gegenwehr der Belagerten zurückgeworfen und jede Aufforderung zur Uebergabe mit Entschiedenheit abgewiesen. Der wackere Stadtcommandant v. Haubitz wurde bei der Vertheidigung von den Bürgern und den Bergleuten kräftig unterstützt. Die Verluste der Schweden waren groß, und Baner mußte am 20. März unverrichteter Sache wieder abziehen. Schon am 10. April kehrte er mit einer Armee von 20000 Mann zurück; er ließ das Röhrwasser, ja sogar die Münzbach abgraben und beschoß die Stadt mit glühenden Kugeln, aber auch dieses Mal ohne Erfolg, so daß er die Belagerung am 15. April rasch abbrach, um dem Heere nach Böhmen zu folgen.

Nachdem die Schweden 1642 bei Leipzig unter ihrem General Torstenson eine Hauptschlacht geWonnen hatten, rückte dieser am 27. December mit einem Heere von 6000 Mann und über 100 Geschützen vom Hospitalwald her gegen Freiberg vor. Trotz des Winters eröffnete er alsbald die Belagerung. Am Sylvester und Neujahrstag 1643 begrüßte er die Stadt aus Mörsern und Kanonen mit über 1300 Schüssen, mit Bomben und Granaten, Stein- und Eisenkugeln. In der Mauer beim Petersthore entstand eine weite Bresche. Auch brennende Pechkränze und Feuerballen warf der Feind über die Mauern, und nur mit größter Anstrengung konnten die Brände unterdrückt werden. Das Petersthor wurde eingeschossen und darauf von den Schweden auch sogar schon eine Kanone in die Stadt gerichtet; aber todesmuthig ergriffen die Hartbedrängten immer wieder die tapferste Gegenwehr, errichteten eine Batterie in der Petersstraße und trieben die Stürmenden zurück. Die Mauerlücken wurden ausgefüllt und kräftige Ausfälle unternommen, bei denen die Bergleute den Schutt der eingeschossenen Mauern wieder aus dem Stadtgraben beseitigten. Auch bei der Bestürmung des Erbischen und des Meißner Thors mußten die Schweden unter großen Verlusten zurückweichen. Der heldenmüthige, wackere Stadtcommandant von Schweinitz hatte nur 290 Mann kurfürstl. Soldaten zur Verfügung, aber wie ein Mann standen ihm die bewaffneten Bürger und Bergleute zur Seite; auch die eingeflüchteten Bauern und die zugereisten Handwerksburschen leisteten gute Dienste.

Statuen am Schwedendenkmal (Defensioner und Bergmann)

Alle riefen sich in den Stunden der Gefahr neuen Muth zu, und besonders traf auch der Bürgermeister Jonas Schönlebe die umsichtigsten Anordnungen. So tapfer wie die Bürger (Defensioner) auf Mauern und Thürmen, so tüchtig und ausdauernd zeigten sich die Bergleute unter ihrem thätigen Berghauptmann v. Schönberg bei dem Gegenminiren, dem Schanzenwerfen und Grabenziehen. Die muthig ausharrenden treuen Freiberger unterhielten in diesen bedrängten Zeiten auch einen fortgesetzten Verkehr mit ihrem Landesherrn Kurfürst Johann Georg I. in Dresden, indem Bergleute als geheime Boten ihren Weg aus der von den Schweden rings besetzten Stadt durch die tiefen Schächte und Stölln der Bergwerke nahmen. Alle Aufforderungen zur Uebergabe wies v. Schweinitz standhaft zurück. Am 16. Febr. richtete der erbitterte Feind noch ein Mal seine volle Wuth gegen die Belagerten und brachte bei dem Petersthore durch Minen ganze Mauerstreckcn zum Einsturz; — aber schon hatte sich die unter dem General Piccolomini von Böhmen her zur endlichen Befreiung der Stadt anrückende kaiserliche Armee durch zwei in Lichtenberg aufgehende große Feuer und Geschützsalven angekündigt, und zu dem Generalsturm, der für Mitternacht angesagt war, blieb den Schweden keine Zeit mehr; denn der Vortrab der Kaiserlichen zeigte sich bereits. Am 17. Februar, noch ehe der Tag graute, mußte Torstenson, der sich manche stärkere Feste unterworfen hatte, von dieser unbezwungenen „Hexenstadt,“ wie er Freiberg nannte, wieder abziehen, die einem Haupttheile seines Heeres das Leben gekostet hatte.



In der befreiten Stadt herrschte großer Jubel, und in den Kirchen wurde allgemeiner Dankgottesdienst gefeiert. Durch das ganze Deutsche Reich erscholl der Heldenruhm der Freiberger, welche das weitere Vordringen des schwedischen Generals so lange siegreich verhindert hatten. Kaiser Ferdinand III. erließ anerkennende Schreiben an den Commandanten v. Schweinitz und Bürgermeister Schönlebe, an den Rath und die Bürgerschaft, beschenkte die beiden Gefeierten mit goldenen Gnadenketten und erhob den Bürgermeister in den Adelsstand.

Groß war allerdings auch der in dieser Zeit von der Stadt zu tragende Schaden; ihr Wohlstand war erschüttert, zumal der Feind die Vorstädte niedergebrannt und die Bergwerke zerstört hatte. Das früher volkreiche Freiberg zählte daher noch im Jahre 1697 649 wüste Baustellen und nur 827 bewohnte Häuser mit 7000 erwachsenen Einwohnern.

18. Jahrhundert 

Dieses Jahrhundert brachte für Freiberg zwar wieder friedlichere Zeiten und zunehmende geistige Belebung, durch den siebenjährigen Krieg aber auch immer wieder große Noth, Theuerung und Elend, wodurch ein weiteres Aufblühen der Stadt unmöglich wurde. Die alten Ringmauern mit ihren ehemals festen Thürmen waren der neueren Kriegskunst gegenüber nicht mehr im Stande, den Einwohnern nachhaltigen Schutz zu gewähren.

1711 weilte der Czaar von Rußland, Peter der Große, auf seiner Carlsbadreise zwei Mal in Freiberg, wobei ihm vor dem Schlosse von den sogenannten Bergsängern eine Serenade, sowie ein großer Bergaufzug mit mehr als 2000 Grubenlichtern gebracht wurde; er besuchte auch die Halsbrückner Berg- und Hüttenwerke und arbeitete eigenhändig mit Schlägel und Eisen.

Bergmännisches Wappen (Schlägel und Eisen)

Am 8. August 1732 fanden gegen 1000 protestantische Auswanderer, welche von dem intoleranten Erzbischof Firmian in Salzburg aus der Heimath vertrieben worden waren, auf ihrem Durchzug nach Ostpreußen in Freiberg die feierlichste Aufnahme und freigebige Unterstützung.

Der Landesherr verweilte wiederholt längere Zeit in der Stadt zu großen Jagden in den Rathswaldungen.

In dem siebenjährigen Kriege ward Freiberg zuerst am 16. Nov. 1756 von den Preußen mit ungefähr 5000 Mann Einquartierung, oftmals auch mit unaufbringlich hohen Kontributionen belastet, indem die Stadt für reicher galt als sie war. Mehrere Male wurden die Preußen von den Österreichern wieder aus der Stadt verdrängt, 1757 ward sie von Kroaten besetzt, worauf das Freiberger Burgsilber nach Prag ausgeliefert werden mußte, und im October 1761 rückte sogar das ganze österreichische Heer unter General Daun heran, nachdem noch wenige Monate zuvor Preußens König, Friedrich der Große, mit seinen Truppen in Freiberg gestanden hatte. Am 14. Mai 1762 sprengten wieder die ersten preußischen Husaren durch die Stadt, und alsbald schlug eine 20000 Mann starke Armee bei den drei Kreuzen ihr Feldlager auf; neue Brandschatzungen erfolgten. Nachdem die Preußen am 16. October 1762 infolge eines hartnäckigen, aber unglücklichen Kampfes die Stadt nochmals hatten verlassen müssen, kam es endlich den 29. Oct. 1762 beim Hospitalwald zu einer letzten und entscheidenden Schlacht, welche Prinz Heinrich von Preußen, der Sieger bei Freiberg, der vereinten kaiserlichen und Reichsarmee lieferte, wobei diese an 4500 Mann, 28 Kanonen und 9 Fahnen verlor.

Eine allgemeine Verarmung der Stadt war die Folge dieses Krieges; dafür aber gewann Freiberg jetzt, und zwar wieder durch den Bergbau, großes wissenschaftliches Ansehen. Es geschah dies durch die 1765 hier begründete Bergakademie, und sowohl an dieser, wie bei dem Freiberger Berg- und Hüttenwesen überhaupt, an den Kirchen und Schulen und sonst fehlte es nicht an Männern, welche sich einen Namen erwarben von bestem Klange weit über die Mauern der Stadt hinaus. Unter denen aber, die sich durch menschenfreundliches Wirken und als Wohlthäter der Armen ein dankbares und gesegnetes Andenken sicherten, steht oben an: der Bürgermeister Christian Sigismund Horn (+ 1736), welcher „aus wahrer, aufrichtiger Liebe und Zuneigung gegen seine Vaterstadt und zu wohlgemeinter Beförderung ihres ihm von Jugend auf jederzeit angelegenen Aufnehmens und Bestens“ testamentarisch ein Capital von 70000 Thalern für die ärmere Bürgerschaft aussetzte.

Noch verdienen von den gegen Ende dieses Jahrhunderts hier in Garnison gestandenen Officieren der trefflichen sächsischen Artillerie der General Hiller, der Hauptmann Tielke und der als Romanschriftsteller bekannte Friedrich Gustav Schilling zugleich wegen ihrer wissenschaftlichen Verdienste genannt zu werden.

19. Jahrhundert.

Wenn unsere oft heimgesuchte Bergstadt bis in die neueste Zeit nicht verschont blieb von schweren Kriegsstürmen und Drangsalen, so wuchs und entwickelte sich Freiberg doch trotzdem während der letzten Friedensperioden in einer Weise, wie kaum je zuvor, und zwar nicht allein auf Grund der bergmännischen, sondern auch noch mancher neueren Industrie. Geordnetere Verhältnisse beförderten das Gedeihen; besondere Sorgfalt wurde den städtischen Schulen gewidmet, durch zahlreiche freie Vereine manches gute Werk geschaffen, die allgemeine geistige und politische Bildung erhöht und edler Sinn befördert. Rascheres Aufblühen hat die Stadt namentlich auch den Eisenbahnen zu verdanken, welche 1862 unser altes Freiberg in ihr weltverbindendes Netz aufnahmen.

1806 bis 1813, diese Jahre napoleonischer Herrschaft, brachten der Stadt viel Ungemach und bedeutende, erst bis 1872 abgezahlte Kriegsschulden, hauptsächlich durch die endlosen Truppendurchzüge, indem damals eine Reichs- und Heerstraße von Osten nach Westen über Freiberg führte.

1809 wurden hier von den Franzosen englische Waaren in dem Werthe von 51000 Thalern confiscirt. Der westphälische König Jerome brauchte an einem einzigen Rasttage mit seinem Hofstaat und gegen 7000 Mann Truppen 22000 Thaler; er badete in Hühnerbrühe und Burgunderwein, um seinen siechen Körper zu kräftigen. Mitte Mai 1812 weilten in Freiberg der Kaiser Napoleon und die Kaiserin gemeinschaftlich mit dem König und der Königin von Sachsen. Am 2. April 1813 schlug der preußische General Blücher in Begleitung des Prinzen Wilhelm, unseres jetzigen Deutschen Kaisers, sein Hauptquartier hier auf; diese Verpflegung kostete nur 150 Thaler. Bis zum genannten Tage war die Stadt unter Oberst Brendel von 1200 Kosaken besetzt, welche sofort die fiscalischen Kassen in Beschlag genommen hatten. Der König von Preußen kam hiernach am 23. April, später auch der Kaiser Alexander von Rußland. Infolge des Sieges der Franzosen bei Lützen am 2. Mai wurde Freiberg, nach einem kleinen Gefecht vor dem Donatsthore, von 10000 Franzosen, dann von den Österreichern und an dem 28. August (nach der Schlacht Dresden) abermals von den Franzosen besetzt, wobei es zwischen dem erbischen und Petersthore zum Handgemenge kam. Wiederholt gelangten nun Oesterreicher, darnach Franzosen und endlich Russen in den Besitz der Stadt.

Während des Zeitraums von 1806 bis Ende August 1814 sind in Freiberg und nächster Umgebung nahe an 700000 Mann fremder Truppen, mit 769 Generälen, und gegen 200000 Pferde einquartiert und verpflegt worden. Diese Ungeheuren Durchzüge, Erpressungen, Plünderungen, ansteckende Fieber und die folgende große Theuerung verursachten massenhafte Verarmung der Einwohner.

1820 wurde hier infolge großen Holzmangels versuchsweise die erste Steinkohlen-Verkaufsanstalt auf Landeskosten eingerichtet.

Das mit der französischen Juli-Revolution über Deutschland gekommene Sturmjahr 1830 rief auch in Freiberg lebhafte Bewegungen hervor, welche bei der städtischen Rathsverwaltung eine wesentliche Mitbetheiligung der Bürgerschaft durch ihre Vertreter zur Folge hatten.

Zur Zeit der allgemeinen Erhebung für die Deutschen Grundrechte des Frankfurter Parlaments drohte größere Gefahr, als sich am 9. Mai 1849 die sächsische provisorische Regierung mit ihren Freischaaren auf dem Rückzüge aus Dresden in Freiberg festsetzen wollte.

Die Eröffnung der Eisenbahnverbindung mit Dresden am 11. August 1862 hatte bald eine vollständige Umgestaltung und große Belebung der weitesten Umgebung des in der südlichen Vorstadt errichteten Bahnhofs zur Folge.

Das ehemalige Erbische Thor in Freiberg.

Das Jahr 1866 berührte die Stadt gegen frühere Kriegszeiten weniger. Den 19. Juni Vormittags rückten von Nossen her, gleichzeitig durch das Kreuz- und Erbische Thor, 2000 Mann preußischer Truppen theils zu Pferd, theils zu Fuß in die offene, unbesetzte Stadt. Gleichzeitig hatten sich von Böhmen her einzelne ungarische Husaren bis Freiberg gewagt, und es verbreitete sich am Abend das falsche Gerücht, daß Oesterreicher im Anmarsch seien. Die Preußen schnitten deßhalb sofort sämmtliche Ausgänge ab, setzten den Bahnhof in Vertheidigungsstand, ließen Geschütze auffahren und brachten die ganze Nacht rings auf den Anhöhen außerhalb der Stadt zu. Nach dieser höchst bedrohlichen Nacht verließen die preußischen Truppen Freiberg schon des andern Tags wieder in der Richtung nach Dresden. Eine zweite große Aufregung, insbesondere der bergmännischen Einwohnerschaft, brachte der 26. Juni, an welchem vom königl. preuß. Commissar in Dresden unter Androhung harter militärischer Zwangsmaßregeln zu sofortiger Ausführung von Schanzarbeiten 2000 Bergleute verlangt wurden; aber kein einziger Mann stellte sich: die Bergleute blieben theils in ihren Gruben versteckt, theils zogen auch ganze Schaaren noch in derselben Nacht hinaus in das Gebirge und weiter hinein nach Böhmen zu der sächsischen Armee, um sich dort, treu ihrem König, zur Verfügung zu stellen. Erst als die Gefahr vorüber war, kehrten sie zurück.

Die während dieses Krieges aus der Hauptbergcasse und den königl. Hüttenwerken mit fortgeführten Gelder und bedeutenden Vorräthe an silberhaltigem Blei sind später, mit Ausnahme des Bleiwerths, zurückgegeben worden.

Die Fortsetzung der Dresden – Freiberger Eisenbahn nach Chemmnitz ward am 1. März 1869 eröffnet.

In den Kriegsjahren 1870 und 1871 wurden in Freiberg durch eine freie Vereinigung von Männern aus allen Ständen einträgliche Geldspenden gesammelt zu einer fortlaufenden Unterstützung sämmtlicher Frauen und Kinder der für das deutsche Vaterland gegen den Erbfeind gezogenen tapferen Krieger. Eben so gingen auch große Sendungen von Liebesgaben an die damals vor Paris stehenden Truppen der Freiberger Garnison ab, und alle auf dem hiesigen Bahnhof durchziehenden Soldaten, insbesondere die Verwundeten, erhielten reichliche Erfrischungen.

Am 15. Juli 1873 fand, zunächst in der Richtung nach Nossen, und am 1. November 1875 hinaus in das Gebirge bis Mulda die Eröffnung der neuen Freiberger Eisenbahnlinie Nossen-Brüx statt, durch welche die einst lebhafte engere Verbindung mit dem benachbarten, an Naturschätzen reichen Böhmerlande wiederhergestellt wird.

So hat sich denn unsere alte Bergstadt in acht Jahrhunderten bewährt als eine der angesehensten Städte des Landes. Durch den heute noch reichen Silberbergbau rasch aufgeblüht, erlebte sie eben so glückliche Zeiten wie schwere Heimsuchungen; aber immerdar — das beweist ihre Geschichte — hielten die biederen Bewohner Freibergs in alter Treue und reinem, edlem Sinn fest an Gott, Ehre, Menschenliebe und Vaterland. So wird der Stadt auch in alle Zukunft in Erfüllung gehen der heimische Gruß und Wunsch, der Zauberspruch unserer Berge: „Glück auf!“

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