Feldpost von Willi – Die letzten Zeilen des Wilhelm GEILE (27.08.1943) Ahnenforschung Geile

Feldppost von Willi. Ostfront im August 1943.

Ein fast alltäglicher Vorgang bei uns; historische Dokumente gehen ein, werden gesichtet und in den meisten Fällen auch veröffentlicht. So auch hier. Von David Krüger, einem Mitforscher und Sammler, habe ich jüngst vier Feldpostbriefe eines Willi erhalten, der sich noch in den Monaten Mai und Juni 1943 in der Ausbildung beim Grenadier-Ausbildungsbatailon (motorisiert) 60 in der Wehrmacht befand und eigenen Angaben zufolge am 24. August 1943 an die Ostfront nach Russland geschickt wurde. Willi schrieb seiner Schwester aus Aachen-Haaren gleich dreimal und auch einmal seiner „Familie Heinz Geile“ aus Iserlohn-Sümmern. Wahrscheinlich schrieb Will öfter, uns sind jedoch nur die vier Briefe bekannt. In gewohnter Manier habe ich auf meiner Facebook-Seite auf den Brief hingewiesen und prompt ergänzende Informationen erhalten. So schrieb Willi noch am 27. August 1943 von der Ostfront seiner Schwester bewegende Zeilen, von Angst und Hoffnung. Das wußten wir. Was sich erst im Laufe einer Diskussion herausstellte: offenbar waren dies seine letzten Zeilen, denn Willi fiel genau an diesem Tag in Pissotschyn, eine Stadt in der Ukraine. Über ihn wissen wir nur, das er Heinrich Wilhelm GEILE hieß, gelernter Feiler war und am 24. Juni 1906 in Sümmern geboren wurde. Sein Sohn, der am 30. Juni 1939 in Refflingen geborene Willi GEILE, war zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alt. Nach dem Krieg wurde er Lehrer. Auch Willis Frau, eine Frieda Emma BEILE (geboren am 28. Dezember 1911 in Refflingen) überlebte den Krieg. Sie starb am 15. August 1970 in Iserlohn.

Vier Zeitzeugnisse, nackt und unkommentiert:

Feldpost: Rheine, 2. Mai 1943 (Seite 1)
Feldpost: Rheine, 2. Mai 1943 (Seite 2)

Liebe Schwester!

Nun muss ich Dir doch erst mal einen Brief schreiben, vielleicht hast Du meine Karte garnicht erhalten, die ich Dir zu Anfang meiner Ausbildung geschickt habe.

Wie geht es Dir, liebe Schwester denn noch?, hoffentlich ist noch alles in Ordnung.

Von mir kann ich Dir berichten, das es mir bei den Preussen noch soweit ganz gut geht. Neun Wochen bin ich nun schon hier in Rheine Noch 2-3 Wochen dann wird die Ausbildung wohl zu Ende sein. Dann sind wir Russland reif. Na, wir wollen das Beste hoffen. Mit meinem Magen kann ich dir berichten das der Komiss der beste Arzt ist. Denn ich muss sagen, das es mir Jahre nicht so gut gegangen hat mir meinem Magen wie augenblicklich. Wo es nun eigentlich dran liegt weis ich auch nicht ob es an die fettlose Kost liegt oder an die ewige Beweglichkeit. Ostern hatte ich 4 Tage Urlaub, ich hatte grosses Glück denn es fuhren nur 10%. Es war doch zu schön, mal wieder einige Tage, bei Frau und Kind in der Heimat zu sein.

Nun meine liebe Schwester, mit besten Gottvertrauen, verbleibt in alter Frische
Bruder Willi

Feldpost: Rheine, 15. Juni 1943 (Seite 1)
Feldpost: Rheine, 15. Juni 1943 (Seite 2)

Liebe Schwester!

Deinen lieben Brief habe ich bestenst dankend erhalten. Nachträglich möchte ich dir noch herzliche Grüße zum Pfingstfest senden. Ich habe die Pfingsttage im Kreise meiner Lieben hier in Rheine verlebt. Es sind immer schöne Stunden die man als Soldat so mit Frau und Kind verbringen darf. Denn es wird ja wohl nicht mehr allzu lange dauern, das die Ausbildung beendet ist und wenn man denn ausrückt, ist das besuchen vorbei. In 14 Tagen wird unsere Ausbildung wohl beendet sein, was dann kommt weis man noch nicht. Sonst geht es mir immer noch gut. Mein Magen ist wie verhext, ich glaube das das an der fettlosen Kost liegt. Denn nach einer Stunde hat man genau so viel Hunger wie vorher. Was machst du liebe Schwester denn noch? Hoffentlich ist noch alles in Ordnung. Haben euch die Flieger denn ziehmlich in Ruhe gelassen? Es ist doch traurich, wie die Städte heute aussehen. Es artet doch bald aus. Hoffentlich hat unser Herrgott bald ein Einsehen und macht diesen Krieg ein Ende. Wir zu Hause hatten auch schon bombenbeschädigte aus Dortmund nehmen müssen. Eine junge Frau mit einem 4 monatlichen Kind. Sie ist aber schon zu ihren Schwiegereltern weiter gezogen, weil sie Angst hatte sie wär ins Sudetenland geschickt worden. Liebe Schwester, heute vor 6 Jahre war unser Hochzeitstag, leider kann man diesen Tag nicht mit seiner Familie verbringen. Wär hätte das gedacht damals, das ich noch hätte Soldat werden müssen. Na, alles so wie Gott will.

Nun meine liebe Schwester herzliche Grüsse Dein Bruder Willi

Feldpost: Russland, 26. August 1943

An Familie Heinz Geile

Ihr Lieben in der Heimat, Aus dem fernen Russland sende ich Euch die herzlichsten Grüße. Ich bin seit einigen Tagen hier. Diesen Brief schreibe ich aus einem Loch. Wir liegen nähmlich den ganzen Tag unter Antilleriefeuer und Fliegerangriffen. Der Iwan geht hier augenblicklich schwer ran. Morgen abend kommen wir im vorderen Graben. Wir wollen hoffen das Gott mich beschützt. Deswegen betet Ihr auch fleissig für mich. Dann wird schon alles gut gehen. Was macht Ihr Lieben denn noch in der Heimat. Hoffentlich ist noch alles gesund. Wie ist denn das Wetter bei Euch. Hier ist eine brütende Hitze. Nun Ihr Lieben wollen wir hoffen das der Krieg doch mal bald ein Ende nimmt, verbleibt mit herzlichen Grüßen

Euer Willi
Viele Grüsse an alle Nachbarn.

Feldpost: Russland, 27. August 1943 (Seite 1)

Liebe Schwester!

Aus Russland sende ich Dir die herzlichsten Grüsse. Ich bin seit dem 24.08 hier. Nach 10 tägiger Fahrt, die ja wohl das angenehmste bei der ganzen Kriegsspielerei ist, hier gelandet. Ich liege hier nahe an der Front und schreibe diesen Brief aus einem Loch wo wir mit 2 Mann drin liegen. Wir liegen nähmlich unter starken Arteleriefeuer und sind hier heftige Kämpfe im Gange. Heute Abend geht es im vorderen Graben. Wir müssen eben unser Schicksal in Gottes Hand legen. Und Gott wird das Gebet aller, vor allem das kindliche Gebet meines Jungen wohl nicht überhören. Und das Du liebe Schwester auch für mich betest ist mir gewiss und stimmt mir besonders freudig. Vor allem wollen wir hoffen und beten das dieser fürchterliche Krieg bald ein Ende nimmt. Die Bevölkerung leidet hier auch in dem reichsten Land der Welt Not alles ist froh wenn sie mal von uns ein Stück Brot bekommen. Auch ist hier alles wahnsinnig teuer. An den Bahnhöfen sassen die Bevölkerung und warteten unsere Züge ab, um uns was zu verkaufen. 2-3 Apfel 1 Mark, 3 Tomaten 1M. 1 Ei 1 M 3/4 lt. Oel 25,- M. u.s.w.

Nun meine liebe Schwester hoffen wir das Beste und es grüßt dich recht herzlich aus weiter Ferne Dein Bruder
Willi

Quellen:

  1. http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/InfErsBat/InfErsBat60-R.htm
  2. https://www.dilibra.com/ahnenforschung/2719/
  3. https://www.dilibra.com/ahnenforschung/2720/
  4. https://www.dilibra.com/ahnenforschung/2721/
  5. https://www.dilibra.com/ahnenforschung/2722/
  6. https://www.dilibra.com/ahnenforschung/1868/
  7. https://de.wikipedia.org/wiki/Pissotschyn

 

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.